Amnesty verurteilt sexualisierte Gewalt gegen Frauen in Köln und warnt vor rassistischer Hetze und Vorverurteilungen

Amnesty International verurteilt die sexuellen Übergriffe der Silvesternacht in Köln und anderen deutschen Städten. „Diese Übergriffe sind schwerwiegende Verletzungen des Rechts auf körperliche Unversehrtheit von Frauen“, sagt Selmin Çalışkan, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. „Die Täter haben auf abstoßende Weise gezeigt, dass sie die Würde von Frauen nicht respektieren. Grundsätzlich muss jede Form sexualisierter Gewalt gegen Frauen strafrechtlich verfolgt werden – unabhängig von der angenommenen Herkunft der Täter“, so Çalışkan.
Die Generalsekretärin betont: „Sexualisierte Gewalt gegen Frauen findet in der gesamten Bevölkerung statt. Amnesty fordert seit Langem eine Verschärfung des deutschen Sexualstrafrechts nach dem Grundsatz ‚Nein heißt Nein!‘. Schon die offensichtlich fehlende Zustimmung zu einer sexuellen Handlung muss reichen, damit der Straftatbestand der sexuellen Nötigung erfüllt ist.“

Amnesty warnt nach den Ereignissen von Köln auch vor einer Zunahme rassistischer Hetze aus der Mitte der Gesellschaft und einem Anstieg rassistisch motivierter Gewalt gegen Flüchtlinge sowie Menschen mit Migrationshintergrund. „Wir beobachten mit großer Sorge, dass rechtsextreme Gruppen, aber auch einige konservative Politiker das Thema der sexualisierten Gewalt gegen Frauen instrumentalisieren, um Flüchtlinge und Menschen mit Migrationshintergrund vorzuverurteilen”, so Çalışkan. „Politik und Medien sind hier gefordert, eine differenzierte Debatte zu führen, in der die Rechte von Frauen und Menschen mit einem Flucht- oder Migrationshintergrund nicht gegeneinander ausgespielt werden.“ Amnesty lehnt auch die nun erhobene Forderung nach mehr verdachtsunabhängigen Personenkontrollen durch die Polizei ab, die in der Praxis zu einem stärkeren Racial Profiling führt und nicht-weiße Menschen unter Generalverdacht stellt.

„Die Ereignisse der Silvesternacht von Köln dürfen keinen Einfluss auf die deutsche Flüchtlingspolitik haben“, sagt Selmin Çalışkan. „Die Bundesregierung darf nicht zulassen, dass die Straftaten von einigen Männern das Schicksal von mehr als 1,1 Millionen Flüchtlingen in Deutschland bestimmen.“ Zur aktuellen Debatte über eine mögliche Verschärfung des Abschieberechts sagt Çalışkan: „Das Abschieberecht sieht bereits in seiner aktuellen Form die Möglichkeit vor, kriminelle Asylsuchende und Ausländer auszuweisen, wenn sie zu einer Haftstrafe verurteilt wurden. Grundsätzlich gilt, dass kein Mensch in sein Heimatland abgeschoben werden darf, wenn ihm dort Verfolgung, Folter oder Tod drohen. Alles andere wäre ein Verstoß gegen internationales Recht.“