Zu unserer großen Freude wurde Su Changlan am 26. Oktober 2017 aus der Haft entlassen. Die Menschenrechtlerin aus Foshan, der chinesischen Partnerstadt Ingolstadts, war im März zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden, in erster Linie weil sie die kommunistische Partei der VR China in sozialen und internationalen Medien kritisiert hatte. Su Changlan musste die Strafe vollständig verbüßen. Die dreijährige Untersuchungshaft wurde angerechnet.
Die Ingolstädter Amnesty Gruppe hatte sich seit der Inhaftierung von Su im Oktober 2014 für ihre Freilassung engagiert, tatkräftig unterstützt vom Bundestagabgeordneten Dr. Reinhard Brandl.
Amnesty International betrachtete Su Changlan als Gewissensgefangene, die ausschließlich mit friedlichen Mitteln für Meinungsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie eintrat. Inspiriert von der demokratischen Bewegung 2014 in Honkong lagen der 45-jährigen Chinesin besonders die Rechte von Frauen, Kindern und Wanderarbeitern am Herzen. Für ihr Engagement erhielt sie im Frühjahr 2017 den Menschenrechtspreis “Cao Shunli Memorial Award”.
Die Haftbedingungen im Nanhai Distriction Centre in Südchina waren erschreckend menschenunwürdig. Su teilte eine 80 Quadratmeter große Zelle mit 50 bis 70 Mithäftlingen. Der Schlafplatz war gerade mal 50 Zentimeter breit. Aufgrund der unsäglichen hygienischen Bedingungen und wegen mangelnder medizinischer Versorgung verschlechterte sich der Gesundheitszustand gravierend. Frau Changlan leidet an einer Herz-, Leber- und Gallenerkrankung.
Die Ingolstädter Amnesty-Gruppe wird sich nach der Freilassung weiter für Su Changlan einsetzen, denn es ist davon auszugehen, dass sie streng überwacht wird. Deshalb fordert Amnesty, dass Su Changlan ungehinderten Zugang zu medizinischer Versorgung und vollständige Bewegungsfreiheit bekommt und sie keinerlei Schikanen ausgesetzt ist.
Entsprechende Schreiben an die chinesischen Behörden sind in Kürze hier abrufbar.
Hintergrundinformationen zu Su Changlan
Die im südchinesischen Foshan lebende Lehrerin Su Changlan wurde wegen ihres Einsatzes für Demokratie und Menschenrechte 2014 festgenommen und befand sich seitdem in Haft. Ihr Gesundheitszustand hatte sich verschlechtert: Sie litt während der Haft an einer Schilddrüsenerkrankung und einer Herzkrankheit. Ihren sterbenden Vater durfte sie nicht besuchen.
Während eines Besuchs Mitte Januar 2017 sagte Su Changlan ihrem Anwalt, dass sie weiterhin einen wöchentlichen Hungerstreik durchführen werde. Der leitende Vollzugsbeamte der Haftanstalt habe mit ihr über ihre Gesundheit und die Gründe für den Hungerstreik gesprochen. Sie protestierte seit November mit Hungerstreiks gegen die Verschleppung des Prozesses.
Im Februar 2017 hatte der Oberste Volksgerichtshof in China dem Prozessgericht eine weitere dreimonatige Fristverlängerung genehmigt, um ihren Urteilsspruch zu verkünden. Dies war bereits die vierte Verschiebung der Frist.
Im März 2017 wurde Su Changlan zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt. Ein Gericht in Foshan befand sie der “Aufwiegelung zum Umsturz der Regierung” für schuldig. Mit ihr wurde auch der Aktivist Chen Qitang verurteilt. Gegen ihn verhängte das Gericht eine Haftstrafe von viereinhalb Jahren. Su Changlan wurde im Haftzentrum des Kreises Nanhai festgehalten, wo sie sich mit 50 bis 70 anderen Insassen eine 80 Quadratmeter große Zelle teilte.
Das Interesse von Amnesty Ingolstadt an diesem Fall war unter anderem deshalb so groß, weil Foshan die chinesische Partnerstadt vons Ingolstadt ist. Die Ingolstädter Delegation unter Führung von Oberbürgermeister Christian Lösel machte im März 2016 einen mutigen Vorstoß. Der Ingolstädter Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl trug in Absprache mit Generalkonsul Helmut Lüders dem stellvertretenden Parteisekretär die Bitte vor, Su Changlan im Gefängnis besuchen zu dürfen, was natürlich abgelehnt wurde.
Ausschlaggebend dennoch: Der chinesischen Parteiführung wurde mit Brandls Gesuch klar gemacht, dass Menschenrechtsverletzungen und die Verweigerung des Rechts auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit in politischen Kreisen in Deutschland wahrgenommen und missbilligt wird. Öffentlichkeit über Menschenrechtsverletzungen herzustellen, ist die wichtigste Strategie, um betroffenen Menschen in China helfen zu können.
Deshalb wurde es begrüßt, dass Generalkonsul Lüders Fälle von Menschenrechtsverletzungen in Kanton, der Provinz, für die er zuständig ist, auf der Webseite des Generalkonsulats und damit auf der Botschaftsseite der Bundesrepublik Deutschland publik machte (Download). Auf Su Changlan wurde auf den Tag, 22. April, hingewiesen, an dem die Verhandlung über Su Changlan in Foshan stattfand.
Wichtige Unterstützung im Fall Su Changlan kam außerdem von der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Bärbel Kofler. In ihrer Pressemeldung vom Mai 2016 (Download) prangerte sie das „verstärkten Vorgehen der chinesischen Regierung gegen Aktivisten in Südchina“ an und nahm Bezug zu Su Changlan.
In einem Gespräch mit dem Donaukurier erläuterte die Ingolstädter Amnesty-Gruppe nochmals die Situation der Menschenrechtlerin.
Hinweis:
Wichtige Informationen u.a. über Su Changlan und viele andere Fälle von Menschenrechtsverletzungen in China liefert „China Human Rights Defenders (CHRD)“, ein Netzwerk chinesischer und internationaler NGO-Organisationen, das die Menschenrechte und demokratische Aktivitäten in China unterstützt.